Werkzeuge für Heim & Garten

Flachbogen aus Osage-Orange

Der Bogen
Der Bogen

  • Skill level
    Schwer
  • Costs
    200 €
  • Duration
    2-3 Tage

Als begeisterter Bogenschütze konnte ich ja schon einmal an einem Bogenbauprojekt teilnehmen. Damals ging es darum, mit primitivstem Werkzeug mehrere Tausend Jahre alte Funde früher Jäger nachzubauen.

Experimentalarchäologie ist gut und schön und macht auch Spaß, aber ich wollte mich dieses mal eher in der Neuzeit bewegen. Daraus entstand der Wunsch, einen Bogen der Osage-Indianer zu bauen. Das ist zwar auch nicht 21. Jahrhundert, aber es kommt hier dann ein Holz zum Zuge, das als das beste Bogenholz der Welt gilt, eben das nach den Indianern und seiner Färbung genannte Osage Orange. Es ist auch unter der Bezeichnung Milchorangenbaum bekannt und wächst nicht unbedingt kerzengerade, sodass sich sehr eigenwillige Bogenformen ergeben können.
Weiterhin wollte ich den Bogen gerne als Recurve bauen, was bedeutet, dass die Enden der Wurfarme Richtung Ziel weisen.
Zu meinem Glück konnte ich zwei Tage bei einem renommierten Bogenbauer verbringen, der in seiner Werkstatt entsprechendes Werkzeug und vor allen Dingen sein Wissen zur Verfügung stellte. Die erforderlichen Materialien kaufte ich bei ihm.

Als Gast in einer fremden Wekstatt, umgeben von Betriebsgeheimnissen, wollte ich nicht unhöflich sein und den Herrn des Hauses für eine Fotoerlaubnis bedrängen. Daher kann mancher Abschnitt des Bauens nur geschildert werden. Detailaufnahmen des fertigen Bogens werden aber dann so ausführlich erklärt, dass sich hoffentlich jeder ein Bild von der Entstehung selber machen kann.
Man muss sich vorstellen, dass der Meister seit Jahren selbst hergestellte Laminate verarbeitet, über deren Herstellung und Verarbeitung nicht jeder (andere Bogenbauer) alles erfahren soll. Auch der Bau von Kyudo-Bögen, also diesen merkwürdigen Geräten, mit denen traditionsbewusste Japaner schießen, ist so eine geheimnisvolle Sache, die nur ganz wenige Europäer beherrschen.
Also Sorry, aber mehr gibt es eben nicht.

Du brauchst
  • Zugmesser
  • Ziehklingen
  • Schleifpapier (60 - 240)
  • Zughobel
  • Hobel
  • Stave
  • Dacrongarn für die Sehne
  • Seidenfaden für die Sehnen- und Federwicklung und
  • Pfeilrohlinge
  • Nocken
  • Pfeilspitzen
  • Truthahnfedern
  • Klebstoff
  • Nocken
  • Leinöl
Schritt 1 5

Vom Stave zum Bogenrohling

Staves
Staves
Bearbeiteter Stave
Bearbeiteter Stave
Jahresringe
Jahresringe

Was man auf Bild 1 sieht, sind die sogenannten Staves, also das, was entsteht, wenn man einen Baumstamm mit Keilen und Schlegel der Länge nach aufspaltet.
Die Holzscheite werden dann an der Stirnseite mit einer Mischung aus Leim und Wasser oder Farbe versiegelt, um eine Rissbildung zu verhindern.
Und dann liegen sie erst einmal für mindestens zwei Jahre an einem kühlen, windigen Ort. Manche Händler betonen Lagerzeiten von zehn Jahren.
Ob das wirklich gut tut? Bei Whiskey oder Cognac ist es jedenfalls so.
Auf dem Bild sieht man übrigens Staves von der Eibe, einem Holz, aus dem früher die gefürchteten englischen Langbogen gebaut wurden. Die Franzosen können davon heute noch ein Lied singen ...

Der eher faserig-franselig aussehende Kamerad in der Bildmitte weist auf zwei typische Eigenschaften von Osage Orange hin, nämlich dessen krummen Wuchs und dass es nach ca. einem halben Jahr deutlich nachdunkelt.

Nun gilt es, den Stave zu bearbeiten, und zwar mit dem Zugmesser.
 
Auf Bild 2 sieht man einen Zwischenstand. Entlang der dunklen Linie
wird der nun etwas gefälliger aussehende Prügel auf der Bauchseite, also der dem Schützen zugewandten, so weit  heruntergearbeitet, dass eine gerade Fläche entsteht.
Aus dem - im Querschnitt gesehen - Tortenstück wird somit eine Art Kreissegment.
 
Der Hobelspänespiegel steigt und steigt

Anschließend werden die Seiten besäumt. Alles Handarbeit, versteht sich.

Nun kommt der schwierigste Teil dieses Arbeitsabschnittes. Auf Bild 3 sieht man die Jahresringe, helles Frühholz und dunkles Spätholz. Äußerst vorsichtig muss nun die Rückenseite des zukünftigen Bogens bis auf den ersten dickeren Jahresring heruntergearbeitet werden.
Die enormen Zugkräfte, die beim Spannen eines Bogens auf dem Rücken auftreten, erfordern dies.

Wenn man diesen Schritt geschafft hat, ohne bis ins nächste Frühholz durchzusäbeln, darf man für einen kleinen Moment stolz sein.
Ach ja, und der Hobelspänespiegel steht mittlerweile auf Knöchelhöhe.



 

Schritt 2 5

Vom Rohling zum Bogen

Hier war nicht der Biber dran
Hier war nicht der Biber dran
Zughobel
Zughobel
Hier war mal ein Ast
Hier war mal ein Ast
Dekoratives Astloch im unteren Wurfarm
Dekoratives Astloch im unteren Wurfarm
Ein schöner Rücken
Ein schöner Rücken

Auf Bild 1 kann man die weiteren Arbeitsschritte nachvollziehen. Der rote Pfeil zeigt die Stärke des Bogenrohlings vor der kommenden Bearbeitung. Der blaue Pfeil zeigt wiederum die Stärke des Hickoryklotzes an, der als Rohling für das künftige Griffstück dient.

Wie man sieht, verläuft dessen Rücken nicht parallel zum Bogen, sondern verdickt sich nach unten (auf dem Foto rechts).
Ergonomie im 17. Jahrhundert, die eine der Schussgenauigkeit  zuträgliche Bogenhaltung durch die Schützenhand erzwingt!

Die Enden der Wurfarme werden nun über Wasserdampf gebogen, bis sie die gewünschte Form (Recurve) angenommen haben.

Doch zurück zum roten Pfeil. Der immer noch sehr dicke Bogenrohling wird nun mit immer feinerem Werkzeug auf die gewünschte Stärke heruntergearbeitet.

Es kommen zur Anwendung Zugmesser, Zughobel (Bild 2), ein ausgedientes Messer aus einer Hobelmaschine, Ziehklingen und schließlich 60er Schleifpapier.

Erstaunlich ist hierbei, dass der erfahrene Bogner bereits jetzt sagen kann, welches Zuggewicht der Bogen haben wird bzw. wieviel Hobelspäne noch fallen müssen, bis die vom Schützen gewünschte Stärke des Bogens erreicht ist.

Äste werden umgangen (Bild 3) und als "dekorative Astlöcher" in den Bogen integriert (Bild 4).

Am Ende der ganzen Hobelei und Schleiferei mit immer feinkörnigerem Papier bis 180 steht dann in etwa das, was Bild 5 zeigt ... natürlich ohne all die Details, die erst noch entstehen müssen.

Schritt 3 5

Tillern, Nocken und Wicklung

Wicklung
Wicklung
Nocke
Nocke

Immer wieder wird der Bogen mittels einer Behelfssehne auf das sogenannte Tillerbrett gespannt und immer stärker ausgezogen. Dieses Brett ist nichts weiter als eine starke, an der Wand befestigte, senkrechte  Leiste, die über eine Reihe von "Zähnen" verfügt, in die die Sehne eingehakt werden kann. So kann man überprüfen, ob der Bogen sich gleichmäßig biegt, oder ob noch nachgearbeitet werden muss.
Ist eine Stelle im Wurfarm noch zu steif, wird genau dort am Bogenbauch Holz abgetragen.

Unter Umständen ist das ein sehr mühseliges Geschäft ... vor allen für Neulinge, die sich nicht trauen, mal ordentlich was wegzuhobeln. Besonders in den zu den Wurfarmen auslaufenden Teilen des Griffes braucht man nicht so zögerlich zu sein.

Die zarten Hände des Schützen sollen nur edelstes Material umfassen ... also wird der Griff mit einem Band aus Hirschleder umwickelt (Bild 1).

Mit Epoxidharz werden an die Enden der Wurfarme sogenannte Nocken angeklebt. Diese bestehen aus Hirschhorn und dienen dazu, Sehne und Bogen vor sich selbst zu schützen (Bild 2).

Besagte Nocken werden mit feinen Feilen zurechtgeschliffen, ob eher rund oder spitz ist jetzt keine technische Frage mehr, sondern Geschmacksache.

Schritt 4 5

Sehne flechten für Grobmotoriker

Flämischer Spleiß
Flämischer Spleiß
Der fertige Bogen
Der fertige Bogen

Nun folgt eine Übung in Sachen Feinmotorik - die Sehne muss geflochten werden. Da jeder Bogen ein Einzelstück ist, gibt es hier keine Konfektionsware, die wirklich passt, nein, der feine Herr besteht auf einer Maßanfertigung.

Aus acht einzelnen Fäden (hier gelb-grün) wird die Sehne geflochten, wobei die Ohren, also die Schlingen, die um die Nocken liegen, mit weiteren vier Fäden verstärkt werden. Flämischer Spleiß nennt sich das, was es aber auch nicht besser macht.

Anschließend wird die Mitte der Sehne zur Verstärkung nochmals mit feinem Seidengarn (hier schwarz-grau) umwickelt - eine wahre Sträflingsarbeit (Bild 1), aber was tut man nicht alles, um die Sehne vor dem Pfeil, dem groben Lümmel, zu schützen.

Wem derartiges Gefummel gefällt, darf sich getrost für zukünftige Aufgaben bei mir melden.

Na, und dann steht er da, kräftig mit Leinöl eingerieben, und erfreut  des Schützen Herz (Bild 2).

Schritt 5 5

Ohne Pfeile ist ein Bogen möglich, aber sinnlos

Pfeile
Pfeile
Flieg Truthahn, flieg
Flieg Truthahn, flieg
Ganz schön spitz, die beiden
Ganz schön spitz, die beiden

Dem Hinweis meiner Allerliebsten folgend - Carbon auf Holz geht gar nicht! - müssen noch rasch zwei Pfeile hergestellt werden. Das ist nun keine große Sache, denn die Rohlinge gibt es in entsprechender Stärke und Länge zu kaufen.
Dieses mal war es die freundliche Hemlock-Tanne, die das Holz spendierte.

Vom nicht minder freundlichen Truthahn werden Abschnitte der Schwingenfedern als Befiederung angeklebt und mit feinem Garn umwickelt (Bild 2).

Das hintere Ende des Pfeils wird nun mit einem speziellen Spitzer angespitzt, als sei es ein Bleistift. Darüber wird der Nocken geklebt.

Für die Spitzen wird ein Gewinde geschnitten, auf das dann die Spitze aufgedreht und -geleimt wird (Bild 3).

Und jetzt endlich sind Bogen und Pfeile fertig und es geht zum ersten Einschießen.