Emmas Kuscheltierzaun
- Skill levelSchwer
- Costs10 €
- Duration2-3 Tage
Meine Tochter hatte mal wieder eine Idee. Für ihre Tochter Emma braucht sie etwas dekoratives für das Kinderzimmer, und zwar will sie eine Art Gartenzaun für die Fensterbank. Zunächst verstand ich nur Bahnhof. Nach ausführlicher Erklärung war es uns dann klar was sie will und auch wie der „Kuscheltierzaun“ ausschauen soll. Naja, wenn Frauen etwas brauchen ...
- Lamellofräse
- Handfräse
- Schleifpapier
- Stichsäge
- Forstnerbohrer
- MDF-Platte 12 mm
- Vorstreichfarbe
- Mattlack Spraydose
Materialwahl MDF
Mitteldichte Fasernplatten - kurz MdF - haben den Vorteil, dass die Schnittkanten gleich ordentlich aussehen. Keine Hohlstellen wie in günstigem Multiplex und müssen nicht gespachtelt werden wie bei Spanplatten oder gar OSB. Allerdings hat man immer Probleme mit dem Saugen von Lacken an den Kanten. Dafür lässt es sich super schleifen und fräsen. Andererseits ist es unbehandelt eher weich und die Kugellager der Fräser können auch mal Spuren hinterlassen (also nie zu fest anpressen!).
Beim Material waren wir uns rasch einig. Aber mein Schwiegersohn wollte die Löcher per Stichsäge aussägen. Davon riet ich dringend ab. Das bekommt man auch mit der größten Mühe einfach nicht ordentlich hin. Ich habe ihm dann erklärt, wie man eine Frässchablone herstellen kann und damit die Langlöcher extrem exakt und wiederholgenau herstellen kann.
Das Erklären war einfacher als das Machen.
Die Frässchablone
In Bild 2 sieht man unsere Schablonen-Geometrie. Eine absolut senkrechte Linie mit zwei Punkten - mit dem Vorstecher angekörnt.
Hier werden wir zwei Löcher mit einem Forstnerbohrer mit Durchmesser 40 mm bohren.
Das Loch unten rechts stammt von einer Probebohrung mit 35 mm. Aber das ist zu klein. Wir brauchen dann etwas Zeit um unsere Rechenexempel durchzuführen: Bohrung abzüglich Abstand mit Kopierhülse bis Fräser. Das Loch soll nicht zu klein, aber auch nicht zu groß sein. Es muss zum oberen wie zum unteren Rand den gleichen Abstand haben ... Sodann soll alles mit einem Viertelstabfräser 6 mm abgerundet werden. Also wird der Rand dann wieder optisch breiter. Da rauchen die Gehirnzellen.
Zuletzt machen wir Muster und bohren und Fräsen drauf los bis uns das Ergebnis gefällt.
Die Bohrungen
Der Bohrer stammt übrigens von Bosch und leistet hervorragende Ergebnisse. Diese Bohrer kann ich bedingunglos empfehlen! Schneidet sehr schöne lange Späne und ausrissfreie Ergebnisse bei hohem Schneidefortschritt. Wichtig: Niedrige Drehzahl - etwa 600 Umdrehungen.
Sägen
Nun wird mit der Stichsäge knapp am Strich entlang gesägt. Etwa einen halben Millimeter Holz bleibt stehen. Das wird dann vorsichtig mit einer Feile nachgearbeitet. Das Risiko mit der Stichsäge nur minimal krumm zu sägen ist uns zu hoch. Und so macht man es eigentlich immer. Lieber nacharbeiten als neu anfangen.
So entsteht ein absolut exaktes Langloch ohne irgendwelche Fehler. Das ist wichtig, jede sichtbare Abweichung würden wir beim späteren Fräsen genau so übernehmen.
Probefräsung
Jetzt wird unser Musterbrett anhand der Schablone gefräst. Zuerst mit einem Nutfräser 8 mm und anschließend am Frästisch mit dem Viertelstab- bzw. Abrundfräser 6 mm (Unsere Materialstärke ist 12 mm - wohl dem, der beim Einkauf anhand der vorhandenen Fräser die Materialstärke berücksichtigt).
Die Fräsung schaut perfekt aus!
Abstände anzeichnen und fräsen
Jetzt wird angezeichnet und ja, es stimmt wirklich. Bis hierher waren wir schon über eine Stunde nur am Vorbereiten. Naja, mit der Stichsäge wäre es bestimmt auch nicht wirklich schneller gegangen. Anzeichnen und rechnen hätten wir ja auch müssen.
Also das Brett in die Schablone gelegt, ich sitze auf die Wekbank um Schablone und Brett zu beschweren, mein Schwiegersohn fräst. Er hat das erste Mal im Leben eine Oberfräse in der Hand. Das Ergebnis ist aber dank der Vorarbeit perfekt.
Man muss dazu sagen, dass er alle Arbeiten selbst ausführt, ich erkläre und unterstütze. So lernt man am besten. Und er macht es wirklich super.
Die Seitenbretter und Verleimung
Nun kommen noch zwei kleinere Seitenteile daran. Diese sind schnell zugesägt und mit Hilfe der Schablone zugefräst.
Daraufhin braucht es eine ordentliche Verbindung der Seiten mit der Front, da Multiplex relativ weich ist, rate ich von Dübelverbindungen ab. Diese brechen sehr leicht aus. Schrauben scheiden auch aus, da man später keine Schraubenköpfe sehen soll. Ich habe meinem Schwiegersohn daraufhin die Lamellofräse gezeigt. Kurzes Einrichten und ruck-zuck ist die Verbindung gemacht. Leider habe ich hier das Fortografieren vergessen.
Dann Leimauftrag, kurz einziehen lassen, Leim nachpinseln und dann zusammenfügen. Mit Winkelspannern fixieren und per Hebelzwinge ausreichend Anpressdruck. Aber nicht zu viel, denn MDF bekommt gerne Druckstellen. Jetzt muss der Leim erst mal aushärten.
Schleifen und grundieren
Jetzt wird alles ringsum geschliffen. Papier P320 von Hand und mit dem Exzenterschleifer (3 mm Schwingkreis). So werden sichtbare Bleistiftmarkierungen abgeschliffen, minimale Schnittkanten vom Abrundfräser und die minimalen Überstände an den Verleimstellen. Letztere übrigens bewusst. Ich habe etwas Papier beim Lamellofräsen untergelegt. Besser Kante schleifen als ganzes Brett weil es ne Lücke gibt,
Danach geht es ans Grundieren. Hierzu verwende ich eine hochwertige Holzgrundierung von Brillux. Diese hat hervorragende Füllereigenschaften, das kommt mir an den Kanten sehr entgegen. Die saugen nämlich ungemein. Mit dieser Grundierung genügen zwei Anstriche, bei günstigen, dünnflüssigeren Grundierungen mit weniger Pigmentanteil muss man auf jeden Fall dreimal grundieren.
Man muss unbedingt nachschleifen, und zwar richten sich bei MDF auch Fasern auf - insbesondere an den Schnitt und Fräskanten. Es entstehen extreme Rauhheiten, also muss die Grundierung geschliffen werden und dann ist meist noch eine weitere Grundierung notwendig. Ist sie zu dünn, ist diese sehr rasch durchgeschliffem, man grundiert nach und es richten sich neue Fasern auf und man schleift wieder nach und grundiert wieder. Also lohnt es sich unbedingt bei MDF etwas tiefer in die Tasche zu greifen.
Zurück zum Kuscheltierzaun: Jetzt in weiß schaut er klasse aus. Mein Schwiegersohn ist richtig stolz. Die Tochter meint, sie bräuchte auch noch ein Puppenbett in ähnlicher Optik. Ich wusste es, das war nicht alles ...
Aber jetzt darf der Zaun erst mal über Nacht trocknen.
Schlusslackierung
Gleich nach dem Aufstehen war der Geruch von Lack im Haus zu riechen. Mein Schwiegersohn konnte es nicht abwarten, er musste früh morgens schon lackieren. Kann ich nur allzu gut verstehen, hätte ich auch so gemacht :-)
Naja, etwas Schleifen hätte er das MDF schon noch müssen. Es stehen schon einige unschöne Fasern ab. Na denn, ist es eben so.
Der matte weiße Lack schaut aber super aus und trocknet auch sehr schnell aus. Nach zwei Sprühdurchgängen steht das Erdergebnis vor uns. Der fertige Kuscheltierzaun für Emma.
OK, ich hätte vielleicht eher ein weiß pigentiertes Öl genommen, das speichelfest ist. Andererseits wird am Zaun vermutlich auch nicht geknabbert. Jetzt darf alles noch gut austrocknen und der Lack ausstinken.
Das ist an jedem Projekt das Schlimmste. Das Abwarten bis man es als fertig präsentieren kann.
Fertig
Hier seht Ihr den Kuscheltierzaun auf dem Fenstersims. Er passt sehr gut zum Design des Kinderbettes mit den Langlöchern und fügt aich so sehr gut in das Zimmer ein. Einzig die Fensterbank aus Werzalit mit dem Dekor von Kunststein stört uns nun. Kein Problem! Es liegt bereits weißes DC-fix bereit. Mit der Selbstklebefolie werden wir wohl den Fenstersims überkleben. Ist auch später mal einfach rückstandsfrei entfernt.
Die Familie ist vom Kuscheltierzaun begeistert und die andere Tochter hat auch schon Bedarf angemeldet. Die Schablone wird uns dabei gute Hilfe leisten und wird von mir gut gelagert. Wer weiß auf was für Ideen die Töchter noch kommen.
Für jetzt ist auf jeden Fall Schluss. Licht aus und: „Gute Nacht Emma!“